Agilität – ein Einstieg zum „wozu“ agiler Organisationen und Unternehmen

Fachkräftemangel, demografischer Wandel, Digitalisierung, Globalisierung und ein extremer Wissenszuwachs fordern Unternehmen aktuell stark heraus. Um den damit verbundenen Aufgaben zukünftig gewachsen zu sein, leiten viele Unternehmen Veränderungsprozesse in die Wege – hin zu New Work. Wir von c-s-x als Personal- und Organisationsentwickler können dies hautnah mitverfolgen. Auffällig dabei ist, dass Mitarbeiter und Führungskräfte nur sehr vage Vorstellungen von Methoden, Prozessen oder Strukturen haben, welche ihnen bei der Bewältigung der anstehenden Zukunftstrends hilfreich wären. Selbstorganisierte Mitarbeiter und agiles Management sind häufig die Schlagwörter in der Arbeit im Personalbereich.  Dabei entsteht aber auch der Eindruck, dass Trends ungefiltert übernommen werden. Doch was steckt hinter New Work, agilem Management und Co.?

Der Zweck der Wandels

Um die Legitimation von Veränderungsprozessen,  neuen Methoden und Strukturmodellen zu überprüfen, gilt es, sich dem dahinterliegenden  Kernzweck von Unternehmen zu verdeutlichen. Letztlich will sich das Unternehmen im Wettbewerb behaupten.  Radikal verkürzt: ist Überleben der originäre Antrieb. Und alles TUN dient diesem Zweck. Wenn sich also die Rahmenbedingungen ändern, um sich zu behaupten, verlangt es nach NEUER ARBEIT (New Work). Hierbei wird in den letzten Jahren immer wieder das AGILE Handeln von Organisationen und Unternehmen heraufbeschworen. Zu Recht?

„Survival of the Fittest“

Lange Zeit wurde dieser Terminus, der zumeist Charles Darwin, dem britischen Naturforscher zugerechnet wird, als „Überleben des Fittesten/des Stärksten“ verstanden. „Survival of the Fittest“ lässt sich jedoch auf den britischen Sozialphilosophen Herbert Spencer zurückführen.* Darwin übernahm diesen Ausdruck allerdings in späteren Auflagen seines Werkes „Die Entstehung der Arten“ **und im Sinne seiner Darwin’schen Evolutionstheorie bezog er klar Position: “It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent that survives. It is the one that is the most adaptable to change”.

Weder Stärke noch Intelligenz sind die fundamentalen Bausteine des Überlebens, der erfolgreichen Weiterentwicklung, sondern die Fähigkeit sich anzupassen. In diesem Sinne gelingt Unternehmen die Behauptung am Markt, das Binden der Kunden, Kooperationspartner  und Mitarbeiter  nur den am besten angepassten. Und hier kommt Agilität ins Spiel, die Fähigkeit sich dem Wettbewerb adäquat anzupassen.  Durch die rasante Beschleunigung der Informationsverbreitung und des damit einhergehenden Wissenserwerbs im The Digital Age ist das Erfordernis an Anpassung scheinbar in schnelleren Zyklen notwendig. So wird zum Beispiel der Zeitraum, in dem sich das Wissen der Menschheit verdoppelt, immer kürzer. 1950 waren es noch 50 Jahre, 1980 sieben Jahre, 2010 knapp vier Jahre und Experten schätzen, dass sich das Wissen im Jahr 2020 innerhalb von nur 73 Tagen verdoppeln wird. *** Ist „agiles Arbeiten“ damit eine neumodische Erscheinung und ist jetzt Eile bei der Anpassung gefragt?

Agilität ist nicht neu und nicht (nur) Geschwindigkeit

Agilität gibt es nicht erst seit der Digitalisierung. Bereits in den 1950 Jahren tauchte der Begriff in der Systemtheorie von Organisationen auf. **** In den 1990er entstand das Konzept des „agile Manufacturing“ , wobei multifunktionale Teams und eine permanente Optimierung der Produktionsabläufe im vordergrund stand. Seit Anfang 2000 hält das agile Prinzip Einzug in der Softwareentwicklung unter dem Begriff „agile Softwareentwicklung“ oftmals in Verbindung mit Methoden wie „Scrum“. Der Anspruch der Entwickler manifestierte sich buchstäblich im „agilen Manifest“*****

Nunmehr sind wir in der Phase der „agilen Organisation“. Hierbei ist auffällig, dass viele Unternehmen aktuell das Thema Agilität nicht nur auf bestimmte Teile ihrer Organisation beschränken, sondern eine vollständige Transformation von ganzen Unternehmensbereichen oder gar des gesamten Unternehmens anstreben.

Spätestens seit Daimler-Chef Dieter Zetsche im Oktober 2016 das Leitbild einer neuen agilen Organisation verkündete, wird eines deutlich:  Agilität ist im Zentrum angekommen. Der Anspruch an konsequente Anpassung führt kein Nischendasein mehr oder ist auf „nerdige Umgebungen“ fokussiert. Agilität ist ein über alle Branchen hinweg erforderlicher Mega-Trend.

Allerdings  ist zu beachten, dass Agilität mehrdimensional verstanden wird.
Die vier zentralen Aspekte der Agilität bzw. für die agile Organisation oder das agile Unternehmen in der Praxis sind:

  • Geschwindigkeit,
  • Anpassungsfähigkeit,
  • Kundenzentriertheit und
  • Haltung.

Geschwindigkeit ist damit nur ein Mosaikstein im Ganzen.  Wenn der Begriff auch weiterhin oftmals unscharf umrissen wird, so ist der Anspruch an Anpassung ganzheitlich. Agilität kann daher als höchste Form der Anpassungsfähigkeit verstanden werden. Ist Agilität damit das Nonplusultra?

Agilität ist die Antwort auf Veränderung und Unvorhersehbarkeit

Agile Unternehmen oder Organisationen haben die Fähigkeit, Veränderungen rechtzeitig zu antizipieren und den Wettbewerbern einen Schritt  voraus zu sein. Sie reagieren nicht nur auf starre Rahmenbedingungen, sondern sind selbst agierend und  innovativ. Damit sind Unternehmen  als Organisationseinheit  fähig, kontinuierlich zu lernen und dieses Wissen allen relevanten Beteiligten zur Verfügung zu stellen. Folglich ist Agilität eine der  essenziellen Faktoren  für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und damit für das Überleben eines Unternehmens.

Und wie machen wir das nun?

Machen Sie uns agil“ oder „Wir wollen jetzt agil arbeiten“ sind reflexartige Reaktionen aus den Unternehmen an uns Personal- und Organisationentwickler.  Und das ist gut so ;]

Wie Sie Ihren Bereich, Ihr Unternehmen agil gestalten und transformieren können, dazu mehr im nächsten Impuls: „Erschaffung agiler Organisationseinheiten oder Unternehmen – Anspruch und Wirklichkeit“

Maik Dietrich, Personal-und Organisationentwickler bei c-s-x

Quellen:

* Herbert Spencer,  „Principles of Biology“ 1864

** Charles Darwin, „On the Origin of Species“, 1869 (5. englischsprachigen Auflage)

***Dr. Heidemarie Lux im Bayerischen Ärzteblatt 04/2017

**** Talcott Parsons, amerikanischer Soziologe, entwarf das AGIL-Schema, „The Social System.“ Routledge, London 1951

***** http://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html