Mitarbeitergewinnung – Fazit 2017

Das Thema Mitarbeitergewinnung scheint aufgrund der Vielzahl der erschienenen Veröffentlichungen schon fast wieder ein alter Hut zu sein. Doch weit gefehlt!

Keine andere Aufgabenstellung beschäftigt Unternehmen in diesem Maße wie die Frage:

„Wie sichern wir zukünftig unser Wachstum durch geeignete Professionals?“

JETZT nicht morgen

Die Dringlichkeit der Frage ist in 2017 aktueller denn je gewesen.

Hintergrund ist nicht nur der Fachkräftemangel an sich: So spüren bereits 55% der Unternehmen stark bis sehr stark den Mangel an geeignetem Personal*. Vor allem die nachweisbaren Effekte auf das laufende operative Geschäft macht das Thema Mitarbeitergewinnung zum Thema des JETZT.

So sehen 26% der Unternehmen einen Zusammenhang zwischen dem Fachkräftemangel und dem Rückgang der Arbeitsmoral. Und 41% der befragten Unternehmen führen das Nichteinhalten von Deadlines und das Nichterfüllen der Kundenerwartungen ebenfalls auf diese Problemstellung zurück. 20% sehen einen direkten Zusammenhang zwischen dem Fachkräftemangel und dem Rückgang der Produktivität im Unternehmen*.

Es heißt also die Qualität der Leistung in der Gegenwart sicherzustellen und für die Zukunft zu gewährleisten. Wie kann das gelingen trotz des nachweislichen demographischen Wandels und des Mangels an Fachkräften?

Es gilt Lösungen auf unterschiedlichen Ebenen zu etablieren.

Generation Y

Eine Herausforderung stellt das Rekrutieren des Nachwuchses direkt aus der Ausbildung dar.

Die neue Arbeitnehmergeneration „Generation Y“ zeichnet sich durch eigene hohe Ansprüche an den Arbeitgeber aus. Die zunehmende –auch örtliche- Wechselbereitschaft dieser Klientel und die nicht mehr zementierte Auffassung, ein Leben lang im selben Betrieb zu arbeiten, erhöhen den Druck auf die Arbeitergeber ihre eigene Attraktivität zu steigern.  Und zwar in Bereichen, die lange Zeit für irrelevant gehalten wurden. Der heutige Auszubildende legt den Schwerpunkt nicht auf die Klassiker Gehalt und Sicherheit des Arbeitsplatzes. Wie auch?! Der Mangel an Fachkräften ermöglicht  den jungen Menschen ja sowieso die Sondierung nach angemessener Bezahlung. Und angesichts der Nachfrage nach Professionals sind die Kandidaten sich bereits häufig schon zu Beginn ihrer Karriere bewusst, dass sie bei Bedarf immer geeignete Alternativen zur Auswahl haben.

Die „Generation Y“ legt vielmehr Wert auf weitere Attribute, wie förderliche Unternehmenskultur, Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung, ein hohes Maß an verantwortungsvollen Aufgaben, eine Work-Life-Balance  und die Möglichkeit sich auch zukünftig innerhalb oder mit Unterstützung des Unternehmens fort- und weiterzubilden.

Viele Unternehmen haben diese Tatsache bereits realisiert, so führt der Wert „Arbeitsklima“ die Rangliste bei den festgestellten Auswahlkriterien der Absolventen mit 98% signifikant an.*

Aber das Wissen um die Wünsche der Bewerber reicht eben nicht. Und ein gutes Betriebsklima herrscht nicht allein deshalb, weil der Arbeitgeber dieses nun gezielt in seinen Stellenanzeigen postuliert. Hier wählen Fachkräfte nach der wahrgenommenen und gelebten Wirklichkeit des Unternehmensalltags aus. Indikatoren sind hier die Bewertungen der Belegschaft des Unternehmens, die nachweislichen Rahmenbedingungen innerhalb des Unternehmens und die Wahrnehmung des Unternehmens insgesamt als attraktive Marke.

Die Rekrutierung aufgrund der Empfehlung durch Mitarbeiter des Unternehmens ist zwar quantitativ noch ein geringer Wert, allerdings mit einer unschlagbaren Quote. Der Trust-Faktor, das Vertrauen der Bewerber in den Betrieb, ist hier unnachahmlich hoch. Rahmenbedingungen, wie flexible Arbeitszeiten, betriebliche Alters- / Gesundheitsvorsorge, Kinderbetreuung, Home-Office, müssen nachweislich implementiert sein im Unternehmensalltag. Und die Wahrnehmung des Unternehmens als attraktive Marke, das sogenannte Employer Branding****, gilt es systematisch und langfristig zu etablieren. Dies ist ein Prozess der Zeit benötigt und –noch viel wichtiger- eine im Vorfeld klare Vision über das eigene Unternehmen.

Vom Anbieter zum Nachfrager – auch intern

Was für die neugewonnenen Mitarbeiter gilt, darf man beim eigenen Personal nicht vernachlässigen!  Neben der Mitarbeitergewinnung stellt die Mitarbeiterbindung ein weiteres wichtiges Instrument beim Entgegenwirken des Fachkräftemangels dar. Sie ist mittlerweile sogar Bestandteil der Mitarbeitergewinnung, da potentielle Kandidaten sehr genau prüfen, welche Perspektive sie in diesem Unternehmen haben. Und auch hier geht es weniger um die Sicherheit des Arbeitsplatzes sondern vielmehr um die Möglichkeit der beruflichen Weiterentwicklung und des beruflichen Aufstiegs. Zumal die vorhandenen Mitarbeiter ja –wie bereits oben beschrieben- die Visitenkarte eines Unternehmens sind. Wenn bestehende Mitarbeiter sich nicht wahrgenommen fühlen oder ihnen erforderliche Weiterbildungen nicht ermöglicht werden, schlägt sich dies in Unzufriedenheit nieder. Dies wiederum hat Einfluss auf das Betriebsklima und die Außenwirkung des Unternehmens – und somit mittelbar auf die Sogwirkung für neue potentielle Mitarbeiter. Insofern bildet die vorhandene Mitarbeiterbindung auch das Fundament für eine gelungene Mitarbeitergewinnung. Ergo sollte diese auf der Agenda einer Personalabteilung auch entsprechend priorisiert werden.

Genaugenommen vollzieht sich mittlerweile ein Wandel vom Arbeitgeber als Anbieter einer Stelle hin zum Arbeitgeber als Nachfrager. Womit die typische Rollenverteilung Unternehmen und Bewerber obsolet erscheint. Fraglich ob wir wirklich bei den Kandidaten noch von Bewerbern sprechen können oder eher das Unternehmen die Rolle des Bewerbers innehat.

Neben allen strukturellen und inhaltlichen Veränderungen, welche ein Arbeitgeber hier vollziehen kann, ist dieser Standpunktwechsel vom Anbieter zum Bewerber- zukünftig wohl der entscheidende Faktor im Kampf um gute Mitarbeiter. Hierbei leisten entsprechende Organisations- und Führungskräftecoachings einen wertvollen Beitrag, um sich neu aufzustellen.

Talentmanagement

Um die eigenen Mitarbeiter auch entsprechend zu fördern und frühzeitig die bestehenden Talente im eigenen Haus zu identifizieren haben erste Unternehmen bereits eigene Talentmanagement-Abteilungen ins Leben gerufen. Dies ist begrüßenswert. Auffällig ist die oftmals sehr prozessorientierte Vorgehensweise im Aufbau dieser Abteilungen. Denn auch hier gilt es im Vorfeld immer die eigene Standortbestimmung sicherzustellen. Was ist –neben der Förderung von eigenen Talenten- die Absicht unseres Unternehmens? Wer wollen wir sein –für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter?. Was ist, gerade in Bezug auf die nächsten 10-20 Jahre, unser Angebot auf dem Markt? Wie positionieren wir uns innerhalb des dynamischen Wandels? Erst wenn ich als Arbeitgeber weiß, welche konkreten Ziele ich anvisiere, kann ich die passenden Talente erkennen und auch entsprechend fördern.

Recrutierung 4.0

Ein weiterer wesentlicher Baustein im Gefüge der Mitarbeitergewinnung ist die Rekrutierung selbst. Die Vielfältigkeit der möglichen Kanäle und Prozesse über welche neue Mitarbeiter gefunden werden können ist im rasanten Tempo gestiegen. Daher werden wir uns diesem Thema auch zukünftig immer wieder widmen. Beachtestwert ist aber auch hier, dass das bloße Implementieren  neuer oder der Ausbau bestehender Recruitingkanäle / -prozesse  ohne klare Vision und eine  positive Unternehmenskultur nicht den gewünschten Effekt erzielen wird.

Ein nachhaltiger Plan für die Lösung der anstehenden Herausforderungen muss daher zumindest 2 Aspekte berücksichtigen. Neben der Förderung interner Talente und einer tragfähigen Nachfolgeregelung benötigt das Unternehmen eine konkrete Vorstellung seiner eigenen Ziele und ein präzises Profil von seinen potentiellen Kandidaten.

Hinzu kommt die aktuelle Beurteilung der Attraktivität der eigenen Branche. Allein die mangelnde Attraktivität einzelner Berufe verschärft den Fachkräftemangel in diesen Branchen*****  Hier gilt es in Kooperation mit Mitbewerbern und gesellschaftlich einflussreichen Kräften, wie Verbänden, Interessengemeinschaften, Wirtschafts- / Standortförderungen das Berufsfeld wieder in den Fokus der Kandidaten zu rücken.

Festzuhalten bleibt, dass die Unternehmen mehrdimensional denken und agieren müssen, um im Wettbewerb erfolgreich zu bleiben.

Wir Personal- und Organisationentwickler von c-s-x unterstützen Sie gern auf diesen Weg – humorvoll. mutig. wirksam.

 

Maik Dietrich******

 

Quellen:

*             Staufenbiel Institut GmbH & Kienbaum Consultants International GmbH: RecrutingTrends 2017

**          Robert Walters Whitepaper: Mitarbeitergewinnung in Zeiten des Fachkräftemangels

***        Julia Ruthus: Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der Generation Y

****      http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/employer-branding.html

*****    Dr.Arno Brandt & Team, Gutachten im Auftrag der Region Hannover: Handlungsansätze für kleine und mittlere Unternehmen in der wissensintensiven Wirtschaft in der Region Hannover

******   eigene Erfahrungen als Geschäftsführer und beim Aufbau von Startups 😉